Herzlich Willkommen auf dem neuen gemeinsamen BLOG des Karatedôjô Fujinaga Leipzig e.V. und des Budoverein Fujinaga Berlin e.V.!
An dieser Stelle möchten wir dem interessierten Besucher mit Beiträgen, Berichten und Bildern einen Einblick in unser Training, unsere Aktivitäten und unsere Erlebnisse gewähren. Dabei soll immer auch unser Verständnis und unser Antrieb, mit dem wir in unseren Dôjôs Karate praktizieren, zum Ausdruck kommen.
Unsere Vereine widmen sich der Pflege und Ausübung des traditionellen Shotokan-Karate, wie es von der JKA (Japan Karate Association) unter der Leitung von Masatoshi Nakayama entwickelt wurde. Insbesondere wird das Erbe der Lehrtätigkeit von Yasuyuki Fujinaga Sensei in stillem Gedenken die Vereinsmitglieder auf ihrem Weg des Karate begleiten. Er vermittelte den Gründern beider Vereine unschätzbare Anregungen und Einsichten.

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Donnerstag, 17. Mai 2012

Crawley in England, Ohta Sensei am 03.05.2012 gegen 18:03 Uhr:

„…,Danilo Kjuhn-passed Nidan,…“ 

Langsam ausatmen und jetzt bloß nicht laut losschreien vor Glück! Der Meteorit, der die Dinos vernichtet hatte, ist lächerlich gegen den Stein, der mir in diesem Moment vom Herzen gefallen ist! Wenig später klatschen Dirk und Pierre Leiding Beifall und kommen lächelnd auf mich zu, um als Erste zu gratulieren. Die Anspannung macht der Erleichterung und Freude in mir Platz. Die nächste halbe Stunde tippe ich die neuste Nachricht aus meinem Leben in mein Mobiltelefon und schicke ca. 30 SMS in die ganze Welt – schließlich hatte es sich rumgesprochen, dass ich bei Ohta Sensei Prüfung machen werde.

7,25 Stunden vorher, gegen 10:45 Uhr

Ob ich aufgeregt bin? Nein Dirk, ich habe nur ein komisches Gefühl in der Magengegend. Nichts Ungewöhnliches und noch bestens bekannt aus Schulzeiten vor Klausuren. Mit 36 Jahren hat man doch seine Gefühle unter Kontrolle und hat schon einige Prüfungen hinter sich! Außerdem ist noch viel Zeit…

7,00 Stunden vorher, gegen 11:00 Uhr

Training bei Hirayama Sensei. Prima, ich stell mich am besten in die letzte Reihe und mach ein bißchen mit. Nicht zu viel, denn ich brauche die Kraft ja noch. Mitmachen nur um warm zu bleiben. Beim Namen der zu übenden Kata für die nächsten 1,5 Stunden ändert sich diese Einstellung jedoch schlagartig: Jion, meine Prüfungskata. Also beim nächsten Absitzen nach vorn mogeln und möglichst nah an Hirayama Sensei heran. Glückstreffer, denn eine bessere Einheit vor der Prüfung ist nicht möglich. Allerdings auch kraftraubend, denn Hirayama Sensei könnte mir ja gerade in diesem Moment zusehen und einen schlechten Eindruck von mir bekommen.

5,50 Stunden vorher, gegen 12:30 Uhr

Geschafft, die Kata sitzt und die Schwerpunkte wurden nochmal eingetrichtert. Die nächste Einheit wird aber ruhiger angegangen! Schnell noch etwas essen, einen Schluck Chlorwasser aus dem englischen Wasserhahn und wieder in die letzte Reihe für die nächste Einheit mit Tsuyama Sensei. Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters wird er uns bestimmt viel von seiner Technikerfahrung erzählen wollen. Also absitzen und zuhören? Nix da, konditionelles Partnertraining ist angesagt. Tsukis und Geris auf Zeit so schnell man kann. Mir hängt die Zunge bis zum Knie, aber der Kampfgeist ist geweckt und der andere kann ja wohl nicht besser sein als ich! Also werden die Füße und Fäuste immer und immer wieder durch die Luft geschmissen.

4,00 Stunden vorher, gegen 14:00 Uhr

Ob ich aufgeregt bin? Weiß ich nicht! Meine Knie sind weich, der Bauch rumort und in meinem Kopf leuchten lauter grelle Farben, die eklige Gefühle ausdrücken. Ich habe Mühe, den Sinn von Dirks einfachen Sätzen zu verstehen: „…als zweite Kata wird vom Prüfer meistens eine Heian Kata gewählt, die sind doch bei dir alle klar, oder?“  Aber Dirk, hätte ich am liebsten gesagt, ich mache jetzt seit 20 Jahren Karate und die Heian-Katas haben wir bis zum Erbrechen geübt. Es kann aber nichts schaden, die im Kopf nochmal durchzugehen … bereits bei der 2. Kata komme ich ins Stocken. Yondan verwechsle ich mit Nidan, mitten in der Godan laufe ich Bassai weiter … Das Gefühlschaos ist perfekt.

3 Stunden vorher, gegen 15:00 Uhr

Prüfungsbeginn für die Prüflinge zum Shodan. Die Zeit zieht sich endlos hin, bis auch ich endlich an der Reihe bin. Jetzt kann ich endlich zeigen, was ich seit Wochen intensiv geübt habe. Ich höre die Kommandos und setze sie um. Zufrieden schaue ich anschließend zu Dirk hinüber, der mir freundlich zunickt – kann also wirklich nicht so schlecht gewesen sein!

Im Kumite habe ich einen Partner, der nur unwesentlich kleiner ist als ich und mich in den ersten Sekunden gleich mal zu Boden wirft. Mist, das hätte nicht sein müssen! Die nächsten 3 Tsukis gehören mir und auch mein genau platzierter Mawashi hätte ihm im Ernstfall eine schöne rote Wange beschert. Ca. 3 Minuten Kampf vergehen, in denen mal der eine und mal der andere punktet. Wir können beide zufrieden sein.

Letzte Disziplin: Kata. Die Prüfungsangst kommt mit brachialer Gewalt zurück! Als ich mit einem weiteren Prüfling zusammen aufgerufen werde, ist mein Kopf leer. „Jion!“ höre ich mich rufen und laufe wie fremdgesteuert los. Mein Körper macht die einstudierten Bewegungsabläufe, aber auf Feinheiten habe ich keinen Einfluss mehr. Mein Unterbewusstsein läuft sie immerhin ohne Hänger und grobe Fehler. Ende der Kata und Verweilen, bis die zweite Kata vom Prüfer angesagt wird: Heian Yondan. In meinem Kopf fängt es zum Glück wieder an zu arbeiten. Wie ging die los? Ach ja, Hände fallen lassen und laaangsam wieder heben. Was macht der andere? Das Gleiche – sehr gut. Jetzt bloß nicht verlaufen … Schritt für Schritt. Was kommt als nächstes? Kiai, oder war der schon? Weiß ich nicht. Was macht der andere? Immer noch das Gleiche, also scheine ich noch richtig zu sein. Ende! Geschafft! Wie? Weiß ich nicht mehr. Das war die schlimmste Vorführung meines Lebens, sagt mein vernebeltes Gehirn. Jetzt heißt es warten bis die Ergebnisse ausgerufen werden. Kihon und Kumite habe ich bestimmt bestanden, aber Kata? Die war grottenschlecht, sagt mir mein Gefühl. Was, wenn ich durchgefallen bin? Wem muss ich das alles erklären?  Dass ich Prüfung mache, haben über die Vorbereitungszeit mehr Leute mitbekommen als mir lieb ist. Sogar im Büro wissen alle Bescheid. Wie stehe ich denn da, wenn ich sagen muss…

Endlich in einer Linie wieder antreten. Ohta verliest die Namen: „…,Danilo Kjuhn-passed Nidan,…“ 



P.S.: Vielen Dank an alle, die mich bis zu diesem großen Ziel unterstützt haben! Ganz besonderer Dank gilt natürlich meiner Familie und:

Jens – Meinem Lehrer, der mich seit vielen Jahren trainiert und verbessert und hoffentlich noch für sehr lange Zeit mein Lehrer bleibt!

Roald – Mit seiner unnachgiebigen japanischen Trainingseinstellung!

Johannes – Mit seinen schnellen und langen Armen und Beinen als der perfekte Kumitepartner!

René – Mit seiner optimistischen Art und seiner mitreißenden, eng mit dem Karate verbundenen Lebenseinstellung!

Allen Trainingsfreunden meines Dojos Fujinaga, die nicht müde geworden sind, meine Jion wieder und wieder anzusehen und mir wichtige Hinweise zur Verbesserung gegeben haben!

Und natürlich: Thomas Frommer und Dirk Leiding,durch deren Hilfe und Zuspruch die Prüfung bei Ohta Sensei erst möglich wurde!


Anmerkung des Blogmasters: Noch einmal Gratulation und Tausend Dank für diesen genialen Bericht Danilo ;)

4 Kommentare:

  1. Glückwunsch zur bestandenen Prüfung. Frank (Fujinaga Berlin)

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  2. Nach der Prüfung ist vor der Prüfung - weiter so. Thomas Frommer

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  3. Schön geschrieben, Danilo! Herzlichen Glückwunsch und tropische Grüße aus dem hohen Norden! Katrin

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  4. Gratuliete dir, Danilo!!! Und sehr gut geschrieben, kann man als Karateka sehr gut nachenpfinden.

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