Budokan Unimeisterschaften 2023 AllJapan |
Der Wettkampf ist nur eine Episode des Karate-Do, insbesondere wenn man es als lebensbegleitendes Budo betreibt. Gleichwohl: Die Kämpfe und die Kata-Darbietungen der erst gerade beendeten 16. JKA-WM habe ich noch im Kopf. Wie man auch immer einzelne Kampfrichterentscheidungen bewerten möchte - die Mehrheit der japanischen Kaderathleten spielen in einer eigenen Liga.
Warum das so ist, ist mir in den ersten 36 Stunden hier gleich wieder vor Augen geführt worden. Japan und japanisches Training lässt sich nicht kopieren. Man muss letztlich hierher kommen und die Zeit, Kraft und Leidensfähigkeit aufbringen, mit Demut in die Tiefe des Karate einzutauchen. Exemplarisch nenne ich hier Melissa Rathmann, auf den Wettkampf bezogen eine deutsche Kataathletin. Sie war schon vorher eine exzellente Wettkämpferin. Nach Ihren 2x 6 Monaten Japantraining agiert sie als einige der wenigen weltweit nun in Bereich Ihrer japanischen Konkurrentinnen.
Aber auch Melissa kann die ersten Jahre Karatetraining ohne Japan nicht ersetzen. Man kann davon halten was man will, aber schon die Kinder und Jugendlichen werden hier über ihre Leistungsvermögen hinaus gefordert. An den Unis wird faktisch mit militärischen Methoden ein Drill praktiziert. Vor und nach dem Training findet hier ein netter und achtsamer Umgang miteinander statt. Im Training aber werden erbarmungslos 110% und mehr verlangt. Das stellt niemand in Frage.
Das aktuelle Beispiel aus meinem "familiären" japanischen Umfeld: Nemoto Sensei hat 3 Kinder und ist ein fürsorglicher und lieber Papa.
Wir haben uns am Montag auf dem Flughafen getroffen - er kam vom Funakoshi Sensei Jubiläumstraining aus Okinawa zurück. Es war Feiertag in Japan und die Heimreise dauerte bis 18.00 Uhr. Gleichwohl zog er sich im Haus und Dojo seines Vaters sofort um. Ich wohne hier. Dann mussten sein ältetester Sohn sowie dessen gleichaltriger Cousin ab 18.30 Uhr ein 2 Stunden Sondertraining absolvieren.
Heute war um 20.30 Uhr Schluss im Tsudanuma Dojo. Ich wartete im Auto zusammen mit Nemoto Sensei und sein 16 jähriger ältester Sohn kam in Schuluniform gerade vom Highschool-Unterricht. Anstatt mit mir das vorbereitete Dinner seiner Mutter zu essen, ging es sofort ins heimische Dojo. Dort warteten schon 2 extra einbestellte Studenten aus der Unimannschaft und es wurde bis 22.00 Uhr Kumite trainiert. Dann gab es was zu Essen. Ich fragte Nemoto Sensei, ob sein Sohn kein Training an der Highschool hatte. Doch sagte der Sensei, die haben dort täglich Training. Aha. Übrigens hatten die Studenten heute auch schon 5 Stunden Training hinter sich von 6.30 - 8.30 und von 17.00 - 20.00 Uhr. In 2 Wochen sind im Budokan die Alljapanischen Studentenmeisterschaften. Zur Trainingsintensität sage ich jetzt mal nichts.
Abendlicher Drill bis zum Umfallen |