Herzlich Willkommen auf dem neuen gemeinsamen BLOG des Karatedôjô Fujinaga Leipzig e.V. und des Budoverein Fujinaga Berlin e.V.!
An dieser Stelle möchten wir dem interessierten Besucher mit Beiträgen, Berichten und Bildern einen Einblick in unser Training, unsere Aktivitäten und unsere Erlebnisse gewähren. Dabei soll immer auch unser Verständnis und unser Antrieb, mit dem wir in unseren Dôjôs Karate praktizieren, zum Ausdruck kommen.
Unsere Vereine widmen sich der Pflege und Ausübung des traditionellen Shotokan-Karate, wie es von der JKA (Japan Karate Association) unter der Leitung von Masatoshi Nakayama entwickelt wurde. Insbesondere wird das Erbe der Lehrtätigkeit von Yasuyuki Fujinaga Sensei in stillem Gedenken die Vereinsmitglieder auf ihrem Weg des Karate begleiten. Er vermittelte den Gründern beider Vereine unschätzbare Anregungen und Einsichten.

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Montag, 1. September 2025

Die Ambivalenz von Körper und Geist im Karate--Do

Siegel des Ise Jingu im Tensho-Stil 

Trotz über 40 Jahren Karate-Do hinterfrage ich ständig meine Sicht auf die Dinge. Während meiner vielen Aufenthalte in Japan durfte ich mich insbesondere in Demut üben. Das ist mitunter nicht einfach, aber lehrreich, wenn man sich darauf einlässt. Immer wieder von vorne anfangen, ist eine Sache die man sonst im Leben nicht praktizieren will und muss. Im Karate-Do schon - ansonsten endet der Weg. Dann ist es einfach nur noch eine Freizeitbeschäftigung im Karateanzug. Das ist ja an sich nichts Schlimmes und sogar begrüßenswert, nur nicht mein Weg.

Das Karate hat sich in den letzten 40 Jahren entwickelt, wie allen anderen Dinge auch. Ich kann mit sog. traditionellem Karate wenig anfangen. Eine Tradition kann auch bewahrt werden, ohne die Weiterentwicklung der Sache einzuschränken. Jede Tradition ist doch das Ergebnis einer Entwicklung - die Weiterentwicklung ist das eigentlich traditionelle.

Ich bin dem Lehrsystem der JKA verhaftet - bei allen Schwächen die einem solchem System innewohnen - gleichwohl gibt es für mich keine andere äquivalente Alternative, die weniger Schwächen hat. Wenn ich auf die letzten 30 Jahre zurückblicke, favorisiere ich den Trend zur natürlichen Bewegung im JKA-Karate als die maßgebliche Weiterentwicklung. Am Ende aller Übungsformen der Dreifaltigkeit von Kihon, Kata und Kumite steht die freie Bewegung mit einem Gegner (Trainingspartner). Der trainierte Körper und der geschulte Geist werden sich intuitiv immer natürlich bewegen. Warum in aller Welt sollte dann im Training Zeit darauf verschwendet werden, Akrobatik zu machen, die dem einzelnen Körper fremd ist?

Vielmehr Zeit ist aufzuwenden für die Abhärtung des Körpers, denn wir sind von Natur aus faul. Der Aufbau von Muskelmasse etwa ist in einem überschaubaren Zeitraum und Aufwand zu leisten. Nur sollte der Schwerpunkt des Karatetrainings auf einer Vielzahl von Wiederholungen liegen. Die Ermüdung führt dazu, dass der Körper nur noch die nötigen nicht aber alle möglichen Bewegungen ausführt. Wir neigen dazu, mit zu viel Kraft und Oberkörper die Techniken zu praktizieren, die ja offensichtlich von den Händen und Armen ausgeführt werden. Das Karate spielt sich aber vordergründig im Unterkörper ab. Oder wie es ein finnischer Experte prägnant zu sagen pflegt: Der Gyaku Tsuki ist eine Beintechnik! So desu ne.

Und erst wenn der (Unter)Körper sich Hunderttausendmal bewegt hat, um Tsuki-Waza auszuführen, wird der Geist durch den Körper befähigt, sich weiter zu entwickeln. Hier liegt oft das Manko im Training des Karate-Do. Das Training ist außerhalb Japans Kopflastig. Der Sensei erklärt und demonstriert 5 Minuten lang den Schülern einen Bewegungsablauf. Die Schüler üben dann die Bewegung 20/30 mal - also keine 5 Minuten. Wir meinen, wenn wir die Sache nur oft und ausführlich erläutern, wird sich schon ein Lernerfolg einstellen. Das ist mitnichten der Fall. Wir versuchen uns untauglicher Weise darin, den Körper über den Geist zu trainieren.

Die Sache kann sich nur andersherum entwickeln. Das ist die Tradition, die ich als einzig beständige Größe betrachte. Wenn sich jemand etwa mit Zen-Buddhismus beschäftigen möchte und die vermeintliche Fachkraft dazu erst einmal einen halbstündigen Vortrag hält, sollte man schleunigst das Weite suchen. Viel reden hat mit japanischen Zen-Buddhismus soviel zu tun, wie eine Kuh mit dem Flugwesen.

Und so dauert es eben 40 Jahre im Karate-Do, bis man eines Tages reif dafür ist, etwas erklärt zu bekommen. Vorher macht es keinen Sinn, weil die Anzahl der durchgeführten Wiederholungen zu gering ist, um tatsächlich eine Weiterentwicklung nur mit Worten einzuleiten. Der Geist benötigt dazu einen ausreichend präparierten Körper.

OSSU!

traditionelles Gebäude Ise Jingu Areal



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