Herzlich Willkommen auf dem neuen gemeinsamen BLOG des Karatedôjô Fujinaga Leipzig e.V. und des Budoverein Fujinaga Berlin e.V.!
An dieser Stelle möchten wir dem interessierten Besucher mit Beiträgen, Berichten und Bildern einen Einblick in unser Training, unsere Aktivitäten und unsere Erlebnisse gewähren. Dabei soll immer auch unser Verständnis und unser Antrieb, mit dem wir in unseren Dôjôs Karate praktizieren, zum Ausdruck kommen.
Unsere Vereine widmen sich der Pflege und Ausübung des traditionellen Shotokan-Karate, wie es von der JKA (Japan Karate Association) unter der Leitung von Masatoshi Nakayama entwickelt wurde. Insbesondere wird das Erbe der Lehrtätigkeit von Yasuyuki Fujinaga Sensei in stillem Gedenken die Vereinsmitglieder auf ihrem Weg des Karate begleiten. Er vermittelte den Gründern beider Vereine unschätzbare Anregungen und Einsichten.

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Freitag, 11. April 2014

26.03.2014 - Speziallektion im Taishijuku (Jôtô Shibu)

Als karateka sind wir in der komfortablen Situation, nicht unbedingt auf spezielles Equipment oder Räumlichkeiten angewiesen zu sein und quasi immer und überall trainieren zu können. In Japan wird - wohl vor allem aufgrund des Platzmangels in den Metropolen - auch der kleinste Raum kurzerhand zum Dôjô umfunktioniert. Auch das Taishijuku Jôtô-Shibu, in dem Okuma Sensei jeden Mittwoch unterrichtet, ist tagsüber ein schnöder Unterrichtsraum mit schätzungsweise weniger als 50 Quadratmetern, Kunststoffbodenbelag, einem Pult vor einer großen grünen Tafel und voller Tische und Stühle, die vor dem Training kurzerhand zusammengeklappt und zur Seite geschoben werden. 

Als ich vor dem Gebäude stand und mich gerade orientieren wollte, vernahm ich durch geschlossene Fenster gedämpfte, aber dennoch klar im Ôsakadialekt artikulierte karate-Kommandos. Ich ging also ein Stück um die Hausecke und erspähte mehrere Kinder im karategi mit JKA-Logo auf der Brust. Plötzlich tauchte im Fenster auch der Rücken und Hinterkopf eines großen Japaners auf, der mit einem Mal begann laut zu lachen. Kein Zweifel... das war Okuma Sensei!!


Ich erfragte beim Pförtner den Zugang zum Gebäude und hatte auch keine Schwierigkeiten, den richtigen Raum durch die geschlossenen Türen zu finden, denn Okuma Senseis Stimme wies mir den Weg. Leider verlief die Suche nach einer Umkleide ergebnislos, darum entschloss ich mich, die Herrentoilette zum Umziehen zu nutzen. Während ich also in meinen gi schlüpfte, bemerkte ich eine Spur aus Bluttropfen, die offenbar vom Trainingsraum über den Flur an mir vorbei zum Waschbecken führte. Dort endete mein Blick dann auch und ein kurzer kalter Schauer lief mir über den Rücken... scheinbar hatte hier jemand versucht, eine Blutung zu stoppen. Dem Betreffenden gelang es zwar, die gröbsten Spuren dieses "Blutbades" zu beseitigen, aber der noch sichtbare Rest (und ein kurzer Blick in den Papierkorb) feuerten meine Spekulationen über das wer?, wie? und warum? gehörig an.     


Das Kindertraining endete, die Tür öffnete sind, Kinder und ihre Mütter strömten heraus und wir, die Teilnehmer des allgemeinen Trainings, betraten die feuchtheiße Atmosphäre des Raumes, in dem Okuma Sensei gerade irgendwelche Späßchen machte. Die Erwärmung& Dehnung war kurz aber ausreichend. Okuma Sensei erkundigte sich während dessen nach meinem Befinden, was ich in den letzten Tagen gemacht und wo ich trainiert habe usw..

Wir bildeten zwei Reihen bestehend aus jeweils vier Leuten (ja, mehr waren wir nicht) und begannen mit einer Übung aus shizentai, bei der wir aus einer Drehung (90°, 180°) gyaku zuki in zenkutsu dachi ausführen sollten. Der Schwerpunkt lag auf der explosiven Streckung des hinteren Beines in Verbindung mit dem schnellen Schließen der Hüfte (Stichwort shime) von hanmi zu shomen, um der Stoßtechnik mehr Geschwindigkeit& Schärfe zu verleihen.

Es folgten uchikomi-Übungen, bei denen wir aus großer Distanz und verschiedenen Winkeln den Partner mit gyaku zuki angreifen mussten. Wie immer ging es dabei um die Verbesserung der Beinarbeit und das blitzartige Eindringen in die gegnerische maai. Genau wie in Tschechien, entschuldigte sich Okuma Sensei "schon wieder NUR gyaku zuki zu unterrichten". Er betonte, dass die Beherrschung dieser scheinbar einfachen Technik viel Zeit und Mühe kostet, aber wenn man sie erst einmal gemeistert hat, dann ist sie eine sehr vielseitige& furchtbar wirkungsvolle Waffe. Okuma Sensei gab wertvolle Hinweise, was im Kampf gegen einen größeren Gegner zu beachten ist, wie man den Gegner unter Druck setzt und was man möglichst vermeiden sollte. Gerade als ich bemerkte, vieler dieser Hinweise schon von Shimizu Senpai in Bottrop bekommen zu haben, schaute Okuma Sensei direkt zu mir und erklärte, den Inhalt des Trainings an diesem Abend auf Wunsch von Shimizu Senpai zusammengestellt zu haben. Ab diesem Zeitpunkt stand ich dann auch unter besonderer Beobachtung von Okuma Sensei, was für mich außerordentlich lehrreich sein sollte... ^^;   


Im Anschluss an das Training fuhren Okuma Sensei und ich zu einem leckeres raamenyasan. Während wir genüsslich unsere Nudeln schlürften, erzählte Okuma Sensei von seinen Karateanfängen an der Dokkyô Universität, dem Training mit Shimizu Senpai, unter Naka Sensei sowie andere spannende Geschichten. Ich berichtete ihm von unserem Training in Deutschland, meine bisherigen Erlebnisse in Tôkyô und meinen Plänen für dieses Jahr.  




Nachdem sich Okuma Sensei von mir mehrmals versichern ließ, dass ich wunschlos glücklich bin, verabschiedeten wir uns und ich stieg in die U-Bahn. 20 Minuten später war ich zu Hause und obwohl sich mein Körper schwer wie Blei anfühlte, war ich wegen der ganzen Erlebnisse innerlich noch hellwach. Also rekapitulierte ich bei zwei kühlen kirin-Bier die Stationen der vergangenen Tage, machte Trainingsnotizen, verstand auf´s Neue den unschätzbaren Wert meiner kleinen Karatewelt und schlummerte wohl gegen 23.30 Uhr zufrieden ein... 

OSS

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